Margarete Hohner

Wer ist beeinträchtigt?

28.04.2015 14:31 keine Kommentare

Vor kurzem fragte mich meine Herzensfreundin Brigitte ob ich sie bei einem kleinem Projekt unterstütze. In Ihrer Nähe gibt es ein Wohnheim wo „Menschen mit Beeinträchtigung“ leben und sie möchte dort gerne an einem Nachmittag für diese Menschen trommeln, wenn erwünscht.
Es wurde gerne erwünscht, teilte uns die Leitung mit und klar, dass ich meine Freundin dabei herzlich gerne unterstütze.
Der Hintergedanke „Du machst etwas Gutes für Andere“, nistete sich stolz in meinem Kopf ein!

Was mir nicht klar war, war das, was es mit MIR gemacht hat.

Jetzt noch steigen mir Tränen dabei hoch. Wir waren fünf  Trommler und wurden freundlich in einen Raum geführt, wo schon für Kaffee gedeckt war und wir nahmen vorne Platz um dort zu trommeln.
Dann – als die Bewohner des Hauses der Reihe nach den Raum betraten – überkam mich eine Gefühlswelle nach der Anderen – sie waren sowas von offen und freundlich. Einige von ihnen kamen sofort zu uns, stellten sich vor und gaben uns die Hand. Ich war sowas von gerührt und überwältigt und konnte nur schwer meine Tränen unterdrücken.

Wir trommelten dann los und sofort klatschen einige, nahmen Rasseln und rasselten, einer kam sofort mit seiner Trommel und trommelte voll mit uns mit, zwei, drei tanzten sogar vor uns und der ganze Raum war gefüllt von Lebendigkeit.

Ich habe inzwischen schon viele Trommelauftritte erlebt, auch vor über 4000 Leuten. Konzerte in wunderbaren Räumen. Doch so berührt war ich noch nie. Wie hier in dem Kaffeeraum mit diesen Menschen. So eine Lebendigkeit, so ein „Jetzt-ist-es-perfekt“ Gefühl hab ich dabei noch nie in diesem Ausmaße erlebt.
Etwas hat in meinem Innersten angedockt, wir waren da Eines, wir haben gelacht und musiziert. Ich hab mich ein großes Stückchen verliebt in diese Menschen. Sehe jetzt noch deren Strahlen vor mir.

Also, mein Fazit: Beeinträchtigt war und bin ich und viele andere Menschen, nicht aber diese Menschen. Ich glaube sogar dass sie freier sind wie wir und dass sie näher an deren echten Gefühlen sind als wir. Ob sie glücklicher sind, weiß ich nicht – definiere das Glück des Einzelnen? – doch sie haben mir glückliche Momente geschenkt.

Danke! An Ursula, Ute, Dagmar, Angelika, Richard, Manfred, Werner und wie sie alle heißen diese wunderbaren Wesen. Und an Brigitte fürs Organisieren. Und an alle, die dabei waren.

Dieser Nachmittag hat mich echt bereichert!

Das war das höchste Honorar das ich jemals für einen Trommelauftritt erhalten habe. Direkt vom Leben bar bezahlt.

Margarete, 28.4.2015

 

 

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