Margarete Hohner

Frisch verliebt

5.10.2020 15:46 keine Kommentare

Unsere Töchter sind meine größten Lehrmeisterinnen.

Vor ein paar Monaten sagte eine unserer Töchter zu mir
„Mama, das was du sagst und schreibst passt nicht mehr mit dem zusammen, wie du jetzt bist. Als ob du nicht mehr du selbst bist.“

Wumm. Volle Kanne erwischt.
Und ich lass es sickern, lass es brennen.

Wie Recht sie doch hatte.
Ich merkte es ja auch schon, doch „wenn ich mit den wahren Dingen hinter dem Berg bleibe, wirble ich keine unangenehmen Dinge auf „, dachte ich oft und spielte die Rolle einfach weiter. Uraltes Muster. Gepusht durch Harmoniesucht.
Nachdem ich dann heuer – genau an einem der schwärzesten Karfreitage an die ich mich erinnern kann – einige Entscheidungen getroffen habe und neue Wege gehe, klärt sich so Einiges in mir und rund um mich.

Es knirscht und knautscht oft ordentlich und ich bin soviel in Unsicherheit und Nichtwissen wie noch niemals in meinem Leben, doch das ist jetzt allemal besser als die vermeintliche Sicherheit und Harmonie weiterhin krampfhaft hochzuhalten.

Es strömen wieder neue Kräfte durch mich.

Oft ist Schmerz der Weg in die Heilung und die Angst zuvor der größte Verhinderer, ist momentan so meine Erfahrung. Vielleicht ist das sogar immer so.
Theoretisch habe ich ja so einiges gewusst, oft auch schon gespürt, dass da etwas in mir nicht mehr passt, aber mir fehlte einfach ein Kick, das Gewohnheitsband zu durchtrennen.

Den Kick gab mir dann die Zeit während des Coronalockdowns. Mir wurde so vieles bewusst. Ich schaute auf meine nächsten dreißig Jahre und wusste, es wird Zeit zu handeln.

 

Neulich war ich wieder mit meiner Tochter unterwegs.
„Du wirkst, als ob du verliebt wärst“ sagte sie diesmal.
„du erfreust dich wieder an so vielen Dingen, wie ein kleines Kind, das Vieles das erste Mal erlebt.“
Ich mache jetzt wirklich Vieles das erste Mal und lache und fluche dabei.

Durchlebe solche Freude und tiefen Schmerz, von Versagensängsten bis hin zu „Alles ist möglich“.
Mensch eben.

Ob ich immer ich bin, weiß ich nicht, denn wer bin ich denn wirklich?
Doch ich bemerke immer schneller, wenn ich mir oder jemand anderen etwas vormache.
Wenn es in mir drückt und eng wird im Hals / Brustbereich, wenn meine Stimme versagt, ich zu schwitzen / gähnen beginne oder ich den Blickkontakt nicht halten kann.

Das Leben zu verarschen fällt auf mich selbst zurück.
Ja, ich bin wieder frisch verliebt. Mit allen Facetten.

Das war das schönste Kompliment das man mir machen konnte. ❤

Was denkst du?