Margarete Hohner

Wellness ICH?

26.04.2018 8:31 keine Kommentare

Möge sich die Spirale doch nun bitte weiter aufwärtsdrehen.

In den letzten Jahren war ein extremer Sog zum Thema ICH hin, mich selbst mit einbezogen.
Was haben wir doch uns gesucht, dafür an alle Ecken an uns therapiert, geredet, sind von Klangschalen über Selbstfindung- bis hin zu Filz-seminaren oder Schrei und Lachseminaren gepilgert.
Ach ja und den Jakobsweg gingen wir auch alle irgendwie.
Entweder mit Hape oder geistig oder tatsächlich.
Weil es alle taten, zumindest die meisten.
In Erwartung auf Besserung des Lebens.

Und jetzt?

Die grüne Welle hat längst uns alle in den Wohlfühlländern erfasst.
Eine regelrechte Wellnesswelle des ICHs hat uns überschwappt.

Endlich gehts um mich, endlich werde ich gesehen.

Frage: Bemerkst du nun an dir oder an der Menschheit rund um dich eine wirklich radikale Verbesserung dadurch auf irgendeiner Ebene?

Ganz ehrlich: Fühlst du dich nun radikal freier, offener und stärker?

Ja, ich meine ein bisschen freundlicher sind wir geworden. Ist ja auch sehr schön.
Doch mehr kann ich dazu nicht entdecken.
Als gesamtes in meinem Umkreis (es gibt große Ausnahmen, davon ein andermal) gesehen, ist keine radikale Entwicklung sichtbar.
Eher im Gegenteil.
Viele sacken noch mehr zusammen.

Und jetzt?

Gilt es vielleicht zu erkennen, dass dieses Sich „wenn-es-mir-gut-geht-ist-alles-gut“ doch nicht der Kelch der Erkenntnis war/ist?

Was, wenn das Leid, die Traurigkeit, die Wunde, das Trauma in uns allen, die Depression, das Dunkel, der Schmerz und alles, was wir immer weghaben wollen, vermeiden wollen, alles was wir nun die letzten Jahre wegmeditiert, aus uns rausgeschrien und in tausenden Aufstellungen uns angeschaut haben, um es als geheilt loslassen zu können, genau DIESES Leid, die Anerkennung und dramalose fühlen DIESES Weh, die nächste Entwicklung ist?

Nichts mehr wegmeditieren.
Sondern sich ins Leben samt allem reinmeditieren.

Das Reinlehnen in genau das, was wir weghaben wollen? Jedoch nicht als Opfer – so wie früher – sondern einfach als einem Teil in mir der mir niemals meine Würde hat nehmen können!

Und was, wenn genau diese Würde es ist.
Dass du Mensch aufrecht in deiner Würde bleibst. Aus dem Rad des Leidens aussteigst, indem du einfach anerkennst dass Menschsein einfach auf den verschiedensten Ebenen immer mit einer Art Leid verbunden ist.

Menschsein ist Leid.

Und zugleich macht genau diese Erkenntnis frei.
Kannst du es fühlen? Ohne zu leiden?

Anerkennen. Alles.

Früher waren bei den Kriegern die Narben das Zeichen derer Kraft. Es gab Handschlagqualitäten und Verbindungen treu bis zum Tode.

Heute haucht uns der erste Zweifel raus aus jeglichem Kreis des Vertrauens. Sobald wir uns nicht mehr wohlfühlen, gehen wir.

Was, wenn genau dieses Grummeln im Bauch „das Zeichen“ ist, genau jetzt bleib da, du Wesen, du lebst.

Wo und warum hat sich unsere wahrhaftige Verankerung ins aufrechte Leben gelockert?

Radikale Antwort:
Weil und als es uns zu gut ging/geht. Und parallel dazu immer schlechter.
Grotesk, oder?
Ich komme immer wieder auf dieses Ergebnis.

Ab da, wo wir uns wohlfühlen wollen beginnt die Diskrepanz in uns.

Der Mensch ist kein Wohlfühlobjekt.
War er nie, wird er nie sein.

Ich wage zu behaupten, dass permanentes „sich wohlfühlen“ die Menschheit immer mehr einschlafen lässt.

Nicht das Entfernen der Narben, sondern das offenen Aushalten und Zeigen wird uns wahrhaftig verbinden.
Uns gegenseitig und uns mit dem Schmerz der Welt
um zur Erlösung zu kommen.

Durch dich und dem Anerkennen deines Leid ohne darunter zu leiden.

Dann endlich kann etwas in uns aufatmen.
aaaahhhhhhh. ja.

Nicht eher.

Kennst du folgende Situation?
Dein Fuss ist eingeschlafen.
Du kannst ihn nicht mal bewegen.
Doch du musst ihn ja bewegen, weil er dafür da ist.
Und du tust es, bewegst ihn.
Wieder und wieder und wieder.
Und der Schmerz lässt nach.
Und du gehst weiter.

Der Fuß, das bist du.

Wohlfühlen war gestern.
It’s time to GO and SEE and FEEL, truly.

Was denkst du?