Margarete Hohner

SCHWESTERNBRIEF vom 27.11.2019

29.11.2019 14:32 keine Kommentare

Amadea und ich haben uns dazu entschlossen, die Schwesternbriefe öffentlich zu stellen, da all unsere inneren Gedanken ebenso mit vielen andere Schwestern mitschwingen, ein Netz spannen.

Als Zeichen unserer Verbundenheit schreiben wir nun öffentlich.

🌹SCHWESTERNBRIEFE

„Wer weiss, wer ich bin? Ich wandle und wandle mich.“
(R. M. Rilke)

Liebste Amadea!
Es gibt immer wieder Zeilen, die mich zutiefst in meinem Innersten berühren. Ein Aufatmen gepaart mit „ja, genau das kenne ich ebenso“ erfasst mich dabei.
Ein Beruhigen erfolgt dann, samt der Erkenntnis „doch nicht alleine so anders oder komisch zu sein“.

Und diese Zeilen werden schon seit Jahrhunderten, Jahrtausenden geschrieben, gesagt, gedacht, gelebt.

Immer wieder fallen mir Worte von alten Philosophen, Weisen, Mystikern und Poeten zu, die mir eben diese Gefühle bescheren und ich bin so dankbar dafür.

Dies war auch der Grund, warum ich immer so viel schrieb. Um anderen das Gefühl zu geben, dass sie wissen, niemals alleine mit deren Gedanken, Träumen und Veränderungen zu sein.

Doch mein Schreiben wird immer spärlicher. Nichts mag mehr gesagt werden, raus gehen.
Es ist nicht so, dass nicht viel in mir drinnen ist, aber nichts davon ist so wichtig, als dass es die Welt verschönern oder jemand wohltun würde.

Auch fallen alle Unternehmungen zur Zeit bei mir immer mehr weg. Ich sage ab bzw. nichts mehr zu.

So kenne ich das nicht. Doch ich kann und will nicht aus mir selbst aus und folge meinem inneren Impulsen mehr und mehr, nichts tun zu müssen.

Täglich bekommen wir in unseren Praxis Anrufe von Frauen, ob wir wegen der großen Traurigkeit helfen können. So viele Tränen kommen in ihnen hoch.
Sie suchen nach Mittelchen, diese Traurigkeit wandeln zu können.
Heute habe ich eine Dame vorsichtig gefragt, ob sie es für möglich halten könnte, die Traurigkeit einmal da sein zu lassen. Mit ihr ein wenig gehen zu können und aufhören zu kämpfen und zu funtionieren.
Sofort hat sich ein Feld angetan, sie hat sich „gehört“ gefühlt, doch die Welt rund um sie hört sie nicht.
Logo, weil wir uns oft nicht wahrhaftig zeigen (können).

Je mehr Widerstand wir aufbauen, desto größer und machtvoller wird dieses „Ding“.
Es liegt so eine dumpfe Wolke über uns. Ich nehme sie als Frau zumindest so wahr. Die Männer sprechen anders. Und da ich kein Mann bin, kann ich nur aus meiner Warte berichten.

Ich glaube, dass mehr und mehr das Feld der Frauen aufploppt.
Und das ist auch gut so.
Ich merke es so sehr an mir selber.

Es ist nicht lustig. Doch es ist auch nicht umsonst.
Und es ist auch garantiert nicht für immer so.

Das ist es niemals.

Alles wegessen, weghungern, wegtrinken, wegsporteln, wegtherapierten schlägt fehl.

Es gibt dann nur noch eine Möglichkeit:
sich ergeben.
Sich schlicht und einfach dem Leben ergeben.

Tausende Dinge könnte ich als Grund für das alles nennen und tausenden Lösungsvorschläge da draußen finden.

Und tief drinnen in mir weiß es, dass keine Lösung außerhalb von uns liegt und dass wir nicht immer genau den Grund wissen können und müssen.
Egal ob es das Klima, der Job oder der nicht vorhandene oder falsche Partner ist.
Das ist es niemals.

Es ist unser „sich zusammenreißen“ um zu funktionieren.

Es ist so an der Zeit, immer mehr das zu sein, was wir tatsächlich sind.

Wut, Trauer, Wild, Ruhig, Lachen, Tanz, Regen, Sonne, Erde, Luft. Alles, alles.

Ich will mich nicht mehr zurückhalten und zugleich hält mich mehr und mehr zurück, irgendetwas tun oder sein zu müssen.

Verstehst du ein wenig was ich meine, Liebe?
Wer, wenn nicht du.

Du kennst mich ja so gut, liebste Amadea, mein reges Tun.
Doch ich tue grad fast gar nichts.

Gestern Abend ging ich vor 20:00 Uhr ins Bett, mit einem Buch. Ich legte das Buch vor mich hin – und schaute nur in die Luft, las genau keine einzige Zeile.
Und gut war es.
Irgendwann schlief ich ein.
Das ist neu.

Ob das mit meinem Wahrhaftig-sein zu tun hat, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass es grad so ist und dass ich mehr und mehr meinem Innersten Impulsen folgen möchte.

Und da minimalisiert sich grad Margarete total.
Zugleich aber fühlt es nicht so an, als ob ich mich verkleinern würde.

Und wie geht es dir so, liebste Amadea Ehi?

Ich liebe dich.

Was denkst du?