Margarete Hohner

Schwesternbrief an Amadea, 10.01.2020

10.01.2020 21:34 1 Kommentar

🌹SCHWESTERNBRIEFE
10. Januar 2020

Wer einmal das Außerordentliche erfahren hat,
kann sich nicht mehr an die Normen des Durchschnitts binden.
(„Die Möwe Jonathan“ R.Bach)

Liebste Amadea!
Es ist oft heilsam, etwas zu sagen oder zu schreiben, sofern es wirklich die eigens empfundene Wahrheit ist. Es ist, als ob das Leben es dann auch hört.
Vermutlich höre/lese ich es dann selber besser, um zu kapieren dass etwas zu tun ist oder auch nicht.

Danke, dass ich dir schreiben darf. Du, eine Person die niemals wertet und immer mit dem Herzen lauscht.

Um gleich das Kind beim Namen zu nennen:
Ich fühle mich grad nicht wirklich glücklich. Es gibt schon kurze Phasen, wo ich erfüllt und gut mit dem bin, was ist bin. Und mri ist klar, dass es kein andauerndes Glück gibt, du weißt, was ich meine.
Mein „Grundtenor“ ist Moll. Tiefstes Moll. Und das eh schon über Monate. Da ist eine große Leere in mir.

Aber keine Leere, die gut tut, die einfach in Ruhe Leben atmet, sondern eine Leere, die mich müde macht, schwer – und traurig.
Nein, mir fehlt kein Jipiieeijeah, aber mir fehlt eine tiefe Lebendigkeit, die Süße im Leben, oder eine satte Ruhe. Mir fehlt eine Neugier, eine Inspiration, ein Eintauchen in meinem Atmen, eine Tiefe.

Es ist, als ob ich mich grade einfach nur über den Tag halte. Doch das bin ich nicht.
Dafür bin ich nicht hier.
Ich weiß, dass ich pures feuriges Leben bin und die Glut momentan fast wie am erlöschen ist.

Noch weiß ich nicht genau, was ich tun werde. Es zu erkennen und zu erleben, ist jetzt mal da. Vielleicht muss ich auch nichts tun?

Und so vielen Menschen geht es gerade ähnlich. Und sie besorgen sich Tabletten und Mittelchen um besser funktionieren zu können, oder trinken Wein, Bier, whatever, das alles abdämmt.

Doch das möchte ich nicht. Ich möchte lieber hier alles erleben und spüren.

Es kommt auch noch dazu, dass ich wieder extrem Völlere. Mir die Süße von Außen hole. Das ist wohl meine Art, etwas zu spüren- und danach kommt immer das große Erwachen, der Kater, der Frust. Ich gehe auseinander wie ein Germteig. Egal, wieviel ich gehe oder auch wenn ich 16 Stunden nichts esse und zu WW gehe.

Was aber nicht ist, ist, dass ich mich arm oder als Opfer fühle. Es ist das Alles einfach nur ein momentaner Fakt.

Ich habe noch keine Lösung. Ich weiß auch nicht, ob es eine wirkliche Lösung gibt?

Folgender Satz taucht immer wieder in mir auf: „und das ist es jetzt? Das ist jetzt mein Leben?“
Alle Tage sind fast vorhersehbar.
Bürgerlich brav lebe ich.
Das bin ich nicht.
Ich bin nicht bürgerlich brav.

In meinem Innersten ploppt auf, dass es einfach Zeit für Veränderung ist.

Warum kann ich kein ganz „normaler“ Mensch sein, der zufrieden ist, dass es eine so feine Familie hat, einen guten Job, keine Schulden, alles was es bedarf um ein gutes Leben führen zu können? Warum will ich immer eine Grenze sprengen, eine Intensität erfahren, Exstase erleben?

Vielleicht weil das Leben bedeutet, so wie ich es erfahren möchte?
Vielleicht sind wir die erste Generation, die keine existenziellen Nachkriegswehen mehr heilen müssen, sondern einfach nur das Menschsein nun tiefer erfahren können?

Was mich mehr und mehr ruft und mich immer wieder tief erfüllt, ist Kirche, keine bestimmte, ist Gebet, ist das Beschäftigen mit heiligen Schriften, und das Singen von Mantren, Religionen von Ost und West.
Wo ich bald wieder hinmöchte, ist der Ashram bei Sebastian. Das hat mich immer zutiefst erfüllt. Das Gemeinsame. Das Wertschätzende, herzliche, offene.

Was ich mir auch wieder zutiefst wünsche, ist, dass wir beide, Amadea uns persönlich sehen! Komm zu mir. Und ich werde auch wieder zu dir kommen. Ich liebe unseren Austausch so sehr.

So, und jetzt gehe ich Staubsaugen und Bügeln.
Alles zutiefst ok und das kann mich auch erfüllen, wenn meine Grundstimmung auf Dur ist. Heute „mache ich es halt.“

Es ist als ob eine Gitarren- oder Geigensaite gerade viel zu locker ist und deshalb durch mich gerade keine feinen Töne gespielt werden können. Oder einen ungespannte Trommel, die nur wappige Laute von sich gibt, anstatt einen klaren fetzigen Rhythmus.

Es geht mir jetzt ein wenig besser.
Danke, dass ich das mit dir teilen durfte.

Und: mir fehlen meine Morgenrunden, da es momentan noch zu finster und eisig dafür ist. Aber das kommt ja wieder. Mit dem Licht.

Ich umarme dich von Herzen, liebste Amadea Ehi

Ich freue mich auf Post von dir. ❤️
In Liebe und Dankbarkeit, Deine Margarete

1 Kommentar

Helga
11.01.2020 9:59

Danke für Deinen Brief. Empfinde es gerade ähnlich. Mein Verstand möchte gerne wissen was los ist. Ist es zuerst der Körper der nicht so recht funktioniert , oder ist es die Unfähigkeit, mich dem was eben gerade ist echt hinzugeben, - trotz der Angst in einer Art Lethargie umzukommen .

Was denkst du?