Margarete Hohner

Schwesternbrief am Amadea vom 07.03.2020

9.03.2020 9:16 keine Kommentare

🌹 SCHWESTERNBRIEFE
07.MÄRZ 2020

Liebste Amadea,
danke für deinen letzten Brief. Ich lese dich mit so einer inneren Freude, bin da immer ganz bei dir.

Die letzten Tage ist das Wetter so wechselhaft.
Ich mag das sehr, wenn die Wolken in den verschiedensten Formationen über den Himmel ziehen.
Manchmal sitze ich dann hier in meinem neuen roten Sessel und beobachte dieses Ziehen der Wolken durch das Fenster. Das beruhigt mich sehr. Denn diese Ruhe zentriert mich in dieser so verwirrten Zeit.
Wenn du mich das nächste Mal besuchst, kannst du dieses Fensterspiel genießen. Du wirst diesen Sessel lieben! Er freut sich schon sehr auf dich.

Passend zu dem wechselhaften Wetter ist es mit meinen Stimmungen.
Was neu für mich ist, ist es, sie einfach sein zu lassen ohne zu wollen dass „es gut wird“. Ich habe aufgegeben, Erwartungen meines Befindens zu stellen, niemals wird ein lebendiger Mensch komplett herzschmerzfrei hier auf Erden leben können.
Vieles tut einfach weh und Vieles erfreut das Herz.

***

Heute bin ich sehr traurig, einer der größten Kämpfer gegen die Rodungen der Bäume in den Tropenwäldern in Brasilien wurde erschossen. Sowas macht mich wütend und meine Hilflosigkeit zu fühlen, lässt mich dann momentan fast erstarren.
Diese ganzen schlimmen Dinge, die so geschehen, bestätigen mir meinen Glauben, dass dies hier und jetzt nicht das einzige Leben, die einzige Erfahrung einer Seele sein kann.
Zutiefst glaube ich an etwas größeres, weiteres und an mehrere Seelenwanderungen.
Paulo – so hieß dieser „Baumkämpfer“ – wird jetzt in Liebe wo getragen weitergehen. Ich bete für diese Menschen, für deren Einsatz und deren weitere Reise – in Frieden und Liebe.

Es ist so eine Kunst, trotz dem allem was passiert bei sich zu bleiben. Den Schmerz auszuhalten und zugleich in seinem Leben liebend weitergehen zu können. Das Gute zu nähren. Niemals werde ich aufgeben an die Liebe, das Schöne und das Gute zu glauben.

Die Fackel aufrecht halten.

Die Welt ist halt alles.
Und wir stehen alle an einem Wendepunkt.
Wohin schlägt das Pegel in uns in jedem Moment?
Für die Liebe, für das Leben, für das Miteinander?

Momentan schaue ich mir viele Dokumentationen über Klöster an. Du kennst ja meine Sehnsucht nach einem Gemeinschaftsleben. Ich liebe auch dabei das getaktete Leben immer wieder unterbrochen durch Gebet und Rückzug, das liebe ich auch im Ashram. Aber Kloster wäre mir zu extrem, mag nicht den absolut nur katholischen Hintergrund in den Klöstern, nur einer Religion zugehörig.

Wie schön wäre es, wenn die Türen sich weit öffnen würden, Frauen mit Kindern aller Welt eintreten könnten, sich Schwestern und Schwestern vermischen und gegenseitig unterstützen könnten.

Das Eigene einem gemeinsamen Wir zu „unterstellen“ ist etwas das sich in mir stimmig anfühlt. Ich kann es nicht näher beschreiben, es ist ein tiefes Gefühl.

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Das , was du mit den Kinder beschrieben hast, hat mich sehr berührt, liebe Amadea.
Ich lausche dir immer schon sehr gerne, wenn du über Kinder erzählst. Das Wissen und die Sichtweisen die du hast, die öffnen ganz wichtige Türen.

Mit dir würde ich zB liebend gerne ein „Mutterhaus“ gründen.
Ich weiß, das wäre jetzt eine ganz große Vision. Das Leben selbst hat den Plan in der Hand.

Ich selbst habe so viel nicht gewusst, als unsere Kinder noch klein waren. Wie sehr hätte mir ein Mensch wie du geholfen. Soviel was du da sagst macht Sinn und ist wichtig für Mütter und unser aller weitere Entwicklung.
Bitte ja, mach das. Schreibe, rede, tue da unbedingt weiter. Das ist so ein Geschenk.
Ich erlebe ja live das ganze Theater das abläuft bei Adrian. Doch jede Mutter tut, wie er/sie halt kann bzw. was sie glauben zu wissen und selbst erfahren haben.
Dein Wissen wäre da schon sehr hilfreich!!! Wundervoll wäre das, wenn du das viel mehr verbreitest!!!
Wenn ich dir irgendwie dabei helfen kann, gib mir bitte bescheid.

Dein Mamasein ist so ein schöner Weg, wie du ihn gegangen bist und immer noch gehst. Ich war damals noch viel zu unbewusst, viel zu sehr in diesem mainstream drinnen, viel zu sehr mit mir und meinen Befindlichkeiten beschäftigt. Im Strudel von allem.
Deshalb sehe ich es ja als so wichtig, wenn du das machen würdest, denn ich hätte dich dringend gebraucht.

Und welch ein Geschenk dann, wenn „solche“ Kinder dann später als Erwachsene in Partnerschaften, Berufen, Gemeinschaften, oder wo auch immer im Leben, wirken.
Es macht so einen Unterschied, wie unsere Kinder aufwachsen. Sie sind unsere Zukunft.
Und werden oft nur mehr alleine von Frauen aufgezogen die dabei absolut mit allem überfordert sind, weil ihnen niemand hilft, es ihnen niemand sagt, zeigt oder tut.
Hier wäre u.a. auch wieder mein „Gemeinschaftsmodell“ eine Erleichterung.
Doch es ist auch noch so viel Egoismus und Statusgetue hinderlich. Wie schön, reich, und beliebt usw. scheine ich vordergründig, wie perfekt muss mein Kind sein und wie sehr schreie ich hinter der Fassade, tatsächlich nur nach Liebe.

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Es riecht hier so gut. Thomas hat ein neues Hobby entdeckt: er bäckt Apfelstrudeln/kuchen in den verschiedensten Variationen. Und ich kämpfe darum in meine neue Wanderjacke reinzupassen 😉 .

Leben hat so viele Facetten. Ich mag es durch Freud und Schmerz hindurch. Durch das Unspektakuläre und das Tiefe.

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Gehts dir gesundheitlich wieder besser, liebe Amadea Ehi sonst komm gleich in das schöne Österreich , vielleicht brauchst du einfach eine Luftveränderung? 😉

In Liebe, Deine Schwester Margarete

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