Margarete Hohner

OSTERN 1. – 3.4.2021

6.04.2021 19:56 1 Kommentar

Gründonnerstag, 01.04.2021 / 8:46 Uhr

 

Oft sitze oder stehe ich nur da, strecke meine beiden Hände nach oben und sage immer wieder das Wort „Danke“.

Dann ist es wie ein Strömen.

 

Zu Beginn kommt gleich etwas zeitlich Naheliegendes, für das ich dankbar bin.

Ich sage es immer wieder: „Danke, danke, danke….“

 

Es strömen immer mehr Bilder in meinen Kopf, nicht nur angenehmes, doch ich bleibe im „Danke“, es wird oft so intensiv, dass ich heule und es mich regelrecht schüttelt.

Es können auch die Hände dabei sehr schwer werden.

 

Oft komme ich dabei bis zurück zu meiner Geburt, manchmal zurück bis zur Entstehung des Menschens.

 

Manchmal aber bleibe ich einfach nur beim Bild oder sogar Duft von Blumen, frischgebackenem Brot – oder eben einfach was grad in mich strömt.

 

Danach – ist es still in mir.

Und ich gehe ruhiger, klarer und gestärkter weiter.

Danke, wer auch immer das liest.

 

 

Gründonnerstag, 01.04.2021 / 21:14 Uhr

 

Heute war ich bei der Gründonnerstag- Abend Messe.

Offen lauschend saß ich in der Kirche. Noch nie habe ich dabei so tief empfunden.

 

Es war eine zutiefst berührende Messe, die mich tief ins Herz schnitt.

Egal, in welche Perspektive ich wechselte – ob Beobachter*in,  Verräter*in oder bald Gekreuzigte*r – es brannte höllisch.

Alles tut weh, was sich gegen die Liebe stellt.

Dieses Sterben betrifft Alles und Jeden.

Doch es musste wohl geschehen.

Es geschieht täglich.

 

Als ich vorige Woche bei Vollmond unter dem lebensechten Holzkreuz stand, das vor unserer Kirche steht und mir dabei vorstellte, dass zB ich vor über 2000 Jahren für die Erlösung der Menschheit gekreuzigt worden wäre, wäre ich jetzt sehr sauer auf uns Menschen. Und traurig.

Niemand sollte mehr leiden.

 

Je mehr wir uns von uns selbst entfernen, desto mehr entfernen wir uns vom Göttlichen.

So viele Ablenkungen schwirren rund um uns herum. Wie ein Virus verbreitet sich, was uns von unserem unkaputtbaren Herz entfernen möchte.

 

Doch ich habe mich dazu entschieden, zu glauben, zu hoffen und zu vertrauen. Seit dem Zeitpunkt meiner Geburt hier.

 

Wenn ich auch an Vielem zweifle, aber an das „Liebende über Allem“ niemals.

Das Alles kann nicht umsonst seit Ionen von Gezeiten sein.

 

Ich tue mir nur mit den Geschichten aus der Bibel schwer, so wie sie 1:1 gelesen werden. Gerne würde ich die Texte tiefer verstehen und nehmen können.

Vermutlich aber wäre es dem Großen/Ganzem sogar egal?

 

Zur Kirche habe ich keine Meinung, die ich diskutieren würde.

 

Mein Verstand kann mit keiner einzigen Kirche etwas anfangen.

Mein Herz aber mit der, in der ich bin.

 

Genau dort, wo ich fühle und es mich ergreift.

Das kann sowohl ein Ashram in Deutschland sein, eine Moschee in Rumänien oder Ägypten, die Kirche in meinem Nachbarort oder der Wald und der Mittagstisch unseres Unternehmens.

Das Mysterium ist an nichts gebunden, außer an das, was ich lebe und wie ich liebe im Zusammensein mit dir.

Was für eine Zeit.

Amen, wer auch immer das liest.

 

*****

 

Karfreitag, 2.04.2021 / 5:01 Uhr

 

Seit ca. 1 Stunde liege ich hellwach.

 

Heute vor einem Jahr habe ich entschieden, aus einer über 30jährigen Beziehung zu gehen. Dieses Feld – nach jahrelangem Versuchen und Verschönlichen – zu verlassen. Um zu sehen, was dann entsteht.

 

Vielleicht eine intensivere Beziehung zu dem gleichen Menschen – das war mein heimlicher Wunsch und zugleich wusste ich, dass selbst dieser Wunsch eine Verschönlichung ist.

 

Inzwischen habe ich aufgehört zu wünschen. Denn dies hat immer mit etwas oder jemand anderem zu tun, das nicht in meiner Macht steht. In meinem Fall möchte ich es sogar ein wenig Manipulation nennen.

Doch ich möchte das Leben nicht mehr manipulieren.

 

Mein Ankommen in dieser Nüchternheit des Lebens war/ist eine der erstaunlicheren Erkenntnisse meines Daseins.

 

Sobald ich nämlich wirklich nüchtern bin, mein Wünschegefäss leer ist – kann mir nichts mehr passieren.

 

Außerdem habe ich keine Ahnung was ich mir wirklich wünschen sollte. Also habe ich selbst den Wunsch nach Wünschen aufgegeben.

Das Leben sorgt ganz von selbst perfekt gut für mich.

Ich fühle mich wirklich gesegnet.

Wie Wunder begegnen mir viele Tage.

 

Etwas in mir fühlt sich immer stärker, satter und unmanipulierbarer an.

 

Mein Lachen ist tiefer in mich rein gesunken. Es erscheint nur mehr, wenn es wirklich will, nicht wenn ich es will oder einfach erwartet wird.

Diese Nüchternheit, die so viele Monate so grau, zäh und schwer war, wird langsam lichter. Ich vermute, weil sie jetzt da sein darf, so wie sie möchte.

 

In meiner Beziehung hätte ich niemals den Raum für diesen Prozess gehabt. Ein permanenter Optimierungsversuch ist nicht dasselbe wie Liebe.

 

Meine Tat der Liebe war es, zu gehen.

 

Ich wage zu behaupten, dass ich jetzt erst langsam tatsächlich mich an die Liebe annähere.

 

Diese lichter werdende Nüchternheit sehe ich inzwischen auch als einen Aspekt von Liebe.

 

Unspektakulär. Niemand applaudiert dir dafür, niemand bewundert dich dafür und du erhältst auch keinen Preis dafür.

 

Im Gegenteil, du zahlst einen.

 

Du gibst eine Illusion ab.

 

Es gibt keine heile Welt, keine heile Familie und keinen heilen Menschen.

 

Und genau an dem Moment

– so paradox das nun auch klingen mag –

erkennst du das total Heile in diesem Kaleidoskop des Lebens.

Das Schöne, Tiefe, Klare, ewig Strömende.

Und langsam erkenne ich, dass mich genau das tatsächlich frei für die Liebe macht. Dieses Wegreißen von Illusionen und Wünschen.

 

Und es hat weder mit dem (ex-)Mann, noch mit meiner Mutter oder irgendeinem Vergangenheitsbewältigungsthema zu tun.

 

Der Wunsch bin vielleicht sogar ich selber, der sich jeden Moment neu erfüllt.

 

Guten Morgen, wer immer dies auch liest.

 

*****

 

Karsamstag, 03.04.2021 / 23:13 Uhr

 

Einem inneren Impuls folgend bin ich heute Abend mit Rucksack und Stöcken losmarschiert, um in den Nachbarort in die Kirche zu gehen, die ich immer lieber gewinne. Darüber erzähle ich ein andermal vielleicht noch mehr.

 

Wovon ich heute erzähle ist, dass mir mein Kopf jedesmal – als ich mit dem Auto die Strecke zur Kirche fuhr – einredete, das ist zu Fuß sicher extrem anstrengend. Steil bergauf, enge Straße und elendsweit. Lass es sein.

 

Bullshit.

 

Ich war in nicht mal 45 Minuten dort.

Und das, was ich bergauf gehe, gehe ich ja dann wieder bergab, also nur halb so schlimm.

Nein, gar nicht schlimm.

 

Es war ein besonders Erlebnis bei Abenddämmerung hinzugehen und in der Finsternis dann zurück. Man blickt über die Dächer von Linz und Umgebung.

 

So ein bisschen schneller atmen schadet außerdem speziell am Karsamstag gar nicht.

 

Die Messe war wieder so berührend.

Kerzen, Weihrauch, Musik und herzoffene Prediger, machen eine Kirche zu einem Festsaal der Seele.

 

Und Bewegung meinen Körper und meinen Geist zu einem Festsaal von Margarete.

 

Die Glocken läuten wieder. Die Dunkelheit verschwindet.

Widerstände können überwunden werden.

 

Das Grab ist leer.

 

Und ich geh jetzt glücklich duschen.

Meinen inneren Impulsen zu folgen, beschenkt mich immer wieder mit Erstaunen.

 

Wer weiß, vielleicht sind ja „innere Impulse“ auch Engelsgeflüster

 

 

Frohe Ostern, wer auch immer das liest.

 

Foto: Kalenderblatt aus Kalender vom Vier-Türme-Verlag (Anselm Grün)

1 Kommentar

Elfriede
8.04.2021 3:48

..... in meinem unkaputtbarem Herzen ..... Alleine diese Wortwahl ist Auferstehung , Margarete !!!! Ich danke dir von Herzen , du sprichst mir so aus meiner Seele ... von Herz zu Herz , elfriede Wünsch dir eine gute nachösterliche Zeit <3 .

Was denkst du?