Margarete Hohner

Mittendrin oder voll daneben?

17.09.2015 18:06 2 Kommentare

Mittwoch mittag,
es ist jetzt genau 11:55 Uhr. 5 Minuten vor 12 Uhr. Ich könnte das jetzt natürlich als ein Zeichen sehen, „die Apokalypse droht“ oder irgendso einen lähmenden dramatischen Gedanken nähren, was ich jedoch bewusst nicht tue. Weil ich anders wähle zu denken.

Und ich bin ein Fan von „den Gedanken den ich nähre, folgt die Aufmerksamkeit.“

Ja, ein Teil in mir ist in Aufruhr, wegen dem was „da draußen“ grad passiert.
Ein Teil in mir dachte, wie präpotent ist es von mir genau „in dieser Zeit“ BODYPEACE zu machen oder über Essensprobleme zu reden.

Gestern ging es mir deswegen noch im Laufe des Nachmittages komisch und ich war kurz davor BODYPEACE hinzuschmeissen.
Gefolgt von Unmengen an Essen in mich reinzustopfen (zu blind um genau da jetzt zu sehen, WAS ich nähre, nämlich nicht mich, sondern Angst, Wut und meine geistige Unbeweglichkeit. Ich wollte da ein Gefühl – dem ich nicht standhielt – runteressen.)

Doch dann kam er: Mein neuer Freund! Der Beobachter. Ganz still. Er beobachtet mich einfach, ein stiller klarer Beobachter, ohne Bewertung.
Er beobachtet mich – ohne meinem Denken, er lässt sich niemals von diesem Gebrabbel in meinem Kopf einlullen. Er weiß, dass ich nicht bin was ich DENKE. Er ahnt irgendwas Tieferes in mir (auch in dir übrigens). Und sieht meine Handlungen.

Er hatte beobachtet, dass ich, je mehr ich mich mit dieser Flüchtlingsthematik beschäftigte, immer mehr ein Gefühl von Angst in mir hochkroch, was mich immer mehr lähmte. Lähmung macht handlungsunfähig.

Und – dann kam er mit einem Geschenk – er machte sich erkennbar, durch „den Moment GANZ GENAU zu sehen“.

Ganz banales Beispiel abends – als ich alles für unseren Trommelraum vorbereitet habe – war mein Gedanke „wow, was alles seit der Sommerpause geschehen ist, in mir und auch da draußen“ und ich war sowas von dankbar genau in diesem Moment den Trommelraum vorbereiten zu dürfen. Einen Schutzraum für unsere Seele, einen Momenteraum für unser Wohlbefinden, einen Jetztraum zum Leben genießen. Und ich spürte dieses Geschenk tiefer denn je. Weil es nicht selbstverständlich ist. Eine Riesendankbarkeit überkam mich.

Aus welchem Grund auch immer war ich genau da an diesem gesicherten friedlichen Platz.

Beim Trommeln schaffte ich es, in mich reinzusinken, den leeren Raum in mir zu finden, dieses „Nichts-sein-tun-müssen“ erspüren zu können. Ich schloss sie alle mit ein, in mein Gebet. Danach war ich deutlich ruhiger. Eine leichte Ahnung von neuer Klarheit.  Wir Trommlerinnen tauschten uns noch zu genau diesem Thema „da draußen“aus und -DANKE – an all meine Weggefährten, die nicht in Panik verfallen, sondern auch deren inneren Beobachter als Freund erkennen.

Mein Fazit:
BODYPEACE ist wichtiger denn je:
den Frieden in mir zu finden! Bei mir zu bleiben. Kurz hat mich das Leid der anderen aus meiner Mitte geworfen und ich hatte mitgelitten, die Bilder mich in Angst versetzt, meinen Weg kurz als sinnlos verblendet. Das hilft genau niemanden!

Der Gedanken von „Lass den Kelch an mir vorübergehen“ kam mir in den letzten Tag immer wieder in den Sinn.
Zugleich gefolgt von „trinke das Leben“ und ich tat weiter was ich immer tue.
Vorhin eben war es Staubsaugen, duschen und dann werde ich in meine Arbeit in die Ordination fahren.
Dort habe ich mit sehr vielen Menschen zu tun. Und es ist mein Wert, jeden einzelnen zu behandeln wie meine Schwester, wie meinen Bruder, ob auf der Flucht, Obdachlos oder stinkreich (so ein blödes Wort, fällt mir gerade auf).

In Liebe zu sehen was JETZT und HIER ist. Genau in dem Moment wo eine Begegnung entsteht.

Heute in der Arbeit, morgen auf der Straße, übermorgen irgendwo…?

Mein übliches Verhalten wäre in Krisenzeiten „schnell schauen wo meine Familie ist, diese möglichst eng an mich kuscheln, einen sicheren Zaun um mein Haus, meine Wohnung, mein Auto und mein Leben und – Augen zu bis alles wieder vorbei ist.“

So geht das aber (leider) nicht. Denn es gibt kein „mein“.

„Der Kelch ist da“, wir trinken bereits alle daraus.
Genau genommen das ganze Leben schon.

Und mein neuer Freund „der Beobachter“ hilft mir in mir zu bleiben. Das Außen nicht zu bewerten und ins Innen zu ziehen. Er sieht nur wenn ich handle oder nicht handle. Und ob es aus Liebe oder aus Angst ist.
Denn alles andere ist im Endeffekt Wischiwaschi-Gebrabbel und entzieht mir meine Kraft.

Jeden einzelnen dem wir helfen, ist zugleich Hilfe an der Welt.

BODYPEACE
beginnt in mir -> breitet sich auf deine Umgebung aus -> immer weiter -> ohne Ziel, denn es gibt kein Ziel der Nächstenliebe-> es gilt, den Weg zu lieben, nein, den Mensch zu lieben.

Heute liebe ich den Mittwoch. Mit „etwas anderen“ Gedanken.

Danke an jeden Einzelnen, egal wo und wie du jemanden deine Liebe und Hilfe schenkst.
Auch dir selber.

Ich tue was ich kann. Ich glaube jeder.

Margarete, 16.09.2015

 

2 Kommentare

Anke Baumgart
19.09.2015 8:04

Ich sende dir meine Liebe und einen Gruß von meinem Beobachter, der schmunzelnd ähnliche Dinge beobachtet. Jeder Moment ein neues Kraftwerk. Wochendfreudegruß aus dem Ruhrgebiet

SANDRA
20.09.2015 17:28

Liebe Margarete, danke für deine Zeilen. Bis zu dieser Minute habe ich mich dem "draußen" entzogen, nicht hingesehen. Was ich nicht weiß, kann mich auch nicht berühren, mich nicht verunsichern, mich nicht bewegen, mich nicht in Aufruhr, in Angst, in Panik bringen. Nicht hinzusehen kann auch ein Weg sein. Doch: HINZUSEHEN, wohlwollende, segnende Worte zu finden UND TROTZDEM seiner inneren Stimme und seinem inneren Weg zu folgen - DAS klingt für mich als Antwort! Von ganzem Herzen, SANDRA

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