Margarete Hohner

Meine Nachrichten des Tages

2.04.2016 19:23 keine Kommentare

Über 4 Jahre hatte ich eine allererste „beste“ Freundin, die ganze Volksschulzeit über.

Bis 3 Systeme von außen auf unsere Kinderrücken einbrachen.

1. Unsere Familien

2. die Schule

3. die „Anderen“

Wir spielten fast täglich zusammen, ALLES, alles was du kennst, von Puppen, über Rollschuhlaufen, Springschnurspiringen, Tempelhüpfen, über Schnecken sammeln, Autokennzeichen in Büchleins notieren, über Doktor, Schule, Gartenversuche, Steine bemalen, erforschten dann die Welt der Barbie und Vieles Schönes mehr…

Dann kam das Zeugnis der 4.Klasse Volksschule.

Meines war „besser“ als ihres.

Ich kam in den A-Zug und sie in den B-Zug.

Das hieß damals, die B-Zug Kinder sind „schlechter oder schwächer in der Intelligenz“ und diese lernten daher kein Englisch.

(Lass dir das bitte einmal auf deiner Seele zergehen)

Dann kam das Denken unserer Familien hinzu.

Die Eltern meiner Freundin waren „höher“ situiert als meine Familie (das wurde zumindest in den Familien so kommuniziert, als Kind selber ist dir das scheißegal). Der Vater Beamter, die Mutter war als „Grace Kelly“ in unserem Ort bekannt. Ihr tat es im Herzen weh, dass deren Tochter „nur“ in den B-Zug kam.

Wir kamen in verschiedene Klassen.

Unsere Freundschaft zerbrach.

Keine Ahnung warum genau.

Dann machten wir unseren Hauptschulabschluß und wurden superklug ins Berufsleben gelassen. Meine Freundin bekam – aufgrund der Position ihres Vaters – einen super Posten als Beamtin (damit warst du damals auf der absoluten beruflichen Siegerstrecken).

Ich fand nix was ich wirklich wollte und fing einfach in einem Supermarkt eine Lehre als Verkäuferin an.

Der Status hatte sich somit wieder offensichtlich ein eine andere Ordnung gedreht.

Inzwischen waren wir beide schon blind mit in dem System drinnen, grüßten uns nicht mal mehr.

Jahre vergingen.

Ich machte „Karriere“ und handelte mich schrittweise die Berufsleiter aufwärts (so nach dem alten Denken gesehen).

Irgendwann trafen wir uns auf einem Sekretärinnenkongress zum Thema Vernetzung. Da war immer noch kühle Luft zwischen uns. Sie war laut, ich war laut. Wichtig waren wir beide. So wichtig. Jeder verteidigte doch seinen super Berufsstatus.

Und dazwischen kam das Leben.

Ich vermische nun unser beider Leben: Mann, Kinder, Wohnung, Haus, Tod Großeltern, Tod Eltern, Scheidung… das Leben eben.

Witzig ist, dass wir beide immer ganz der Nähe wohnten und uns nie begegneten.

Sie hat inzwischen ein Riesenhaus und wohnt dort alleine.

Ich wohne seit jeher in einer Mietwohnung mit dem Menschen, zu dem ich „ja“ sage.

Heute Mittag, nach einem Treffen mit Menschen, die mehr als an der Oberfläche herumdümpeln – ich hab nach solchen Gesprächen immer so ein Gefühl als ob mein Herzbereich ganz offen ist – schwer zu erklären, wer es kennt, weiß was ich meine – geh ich von der Straßenbahnhaltestelle Richtung heimwärts.

Auf dem Weg genau befindet sich ihr Haus.

Die Sonne scheint, sie hat gerade altes Laub weggekehrt und Blumentöpfe mit schönen blühenden Pflanzen vors Haus gestellt, als ich vorbeiging.

„Hallo Greti“ da ist wieder der Name meiner Kindheit.

Und etwas in mir freut sich sehr und ich seh sie.

„Alt sind wir geworden“ sagt sie.

Ich muss lachen und sage „nein. schön.“

Sie lacht und sagt „man ist sich so nahe und sieht sich doch nie“.

„So sind die Wege im Leben“ lächle und gehe weiter.

Es hat sich da für mich ein Kreis geschlossen und zugleich ein neuer geöffnet.

Etwas hat sich von einer Ebene in eine andere transportiert.

Sie hat nicht nur physisch altes Laub gekehrt und blühende Pflanzen vor ihr Haus gestellt.

Verstehst du, was ich damit sagen will?

Das sind meine Nachrichten des Tages.

Was denkst du?