28.03.2020 – Auszeit: ich schreibe einfach mal
28.03.2020/09:03 Uhr
„Wir weinen die Tränen anderer“ habe ich heute irgendwo gelesen.
In mir tauchte die Frage auf: Gibt es überhaupt „die Tränen anderer“?
Sind das nicht alles „unser aller Tränen“?
Es ist gut, die Tränen einfach über mein Gesicht laufen zu lassen.
Es ist gut im Sinne von „reinigen“, von einen Fluss ins Fließen zu bringen.
Grade jetzt. Ich darf das.
Müssen wir es wegtauchen oder benennen und können nicht einfach damit sein?
Schlicht und einfach dasitzen, atmen und heulen und rotzen was das Zeug hält.
Mich befreit das.
Es schützt auch mein Inneres vor der Kreation von großem Dramadenken, da es durch meinen Körper durch die Tränen schon Befreiung erfährt.
Ist es nicht so, dass tief in jedem von uns so viele ungeweinte Tränen gibt?
Egal, was grad passiert, es passierte sowieso schon immer.
Jetzt wird nur so manches sichtbar und kommt näher.
Es betrifft nun auch uns selber.
Und genau da darf der See tief in mir drinnen Wellen schlagen und überfließen.
Um den Fluss des Lebens einfach wieder ins Fließen zu bringen.
Ich will und darf den Tränen deren Raum geben.
Sie sind Teil dieses Lebens, sichtbarer Ausdruck von Schmerz, der da sein darf.
Bis die Tränen dann wieder versiegen, denn das tun sie immer wieder.
Und die Sonne scheint dann wieder um Vieles klarer.
Es gibt keine „Tränen der Anderen“.
Danke, es geht mir gut.
****
28.03.2020/ 14:01 Uhr
Sorry Freunde.
Mir geht das echt zu schnell.
Kaum haben wir Luft zum Atmen und Ruhe geben bekommen,
schreiben wir uns selbst vor, diese Zeit bestmöglich für „Danach“ zu nützen.
Ich wäre fast schon wieder dabei, meinen Kalender neu mit Online-Terminen vollzukritzeln.
STOP!
Lasst mich diesen Scheiß doch mal fühlen.
Lasst mich mal bitte nix MACHEN.
Meine Seele mich in mir selbst wieder einrasten.
Wir müssen nicht schon wieder – jetzt halt vor den Bildschirmen – weiterfunktionieren.
Ich gönne mir ab jetzt täglich Zeit mit Nichtstun, nur in die Luft zu starren, dem zu Lauschen was ich sonst nicht höre.
Das mal auszuhalten.
Ohne Ablenkung von Außen.
Das Feld spüren. Die Natur hören. Den eigenen Atem fühlen. Die Gedanken frei lassen.
Lasst mich bitte mal ausatmen.
Jahrelang haben wir nur eingeatmet.
Erst in der Ruhe
kann Lautwerden,
was kommen möchte.
Ich möchte es nicht überhören.
Schau mal draußen:
Erst durch die Ruhe der Industrie hören ich wieder die Natur viel deutlicher.
Es sind wieder Sterne über den Städten zu sehen.
Es gibts grad nichts zu heilen, sondern mal zu fühlen.
Jeder für sich ganz alleine.
Wer bin ich?
Ohne Kurs, ohne Plan, ohne Technik, ohne Drama, ohne Beschuldigungen, ohne Besserwissereien.
Mit Angst wäre ok.
Denn Angst ist der Vorbote von Mut, ist so meine Erfahrung (aber ich schweife schon wieder ins später ab).
Hauptsache einfach mal da sein lassen. DAS.
Und an diejenigen, die jetzt mehr denn je für uns Menschen arbeiten müssen, die immer noch keine Chance auf Ruhe haben, sende ich jedes einzelne Ausatmen mit.
Jedes Gebet möge sie stärken.
Seelenwege sind verschieden.
Ich will meinen nicht übertünchen mit weiteren Konzepten.
Es ist grad für mich die größte Kunst, nicht ins Leben einzugreifen, sondern zu vertrauen.
Möchte doch so gerne tun, helfen, geben und
zugleich
wurde auch mir eine Bremse geschickt.
Was will diese Bremse von mir?
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28.03.2020 / 19:36 Uhr
Genug gehört, gelesen, gesagt, geweint und gedacht.
Räucherwerk.
Heißes Ingwerwasser.
Kerze.
Herzmusik.
Ready.
Gutes Reingleiten in die Nacht.
1 Kommentar
Liebe Margarete, danke für das Teilen deiner wertvollen Gedanken und Empfindungen. Es macht mir Mut, zu mir und meinen Gefühlen in der ganzen Situation zu stehen. Zu schnell will ich schon wieder weiter, mich ablenken, statt hinzulauschen. Von Herz zu Herz, Ikara