Margarete Hohner

Schwesternbrief an Amadea vom 24.01.2020

31.01.2020 16:04 1 Kommentar

🌹 SCHWESTERNBRIEFE
24.01.2020

Liebste Amadea!

Danke für deinen Brief vom 14.1.2020.

Das Zitat von Keanu Reeves empfinde ich als so wahr.
In unsere Ordination kommen so viele Menschen mit Depressionen, und wenn ich ihnen genau lausche wären sie komplett gesund, es ist die Umgebung die sie/uns krank macht.

Wie schaffen wir es auszusteigen?

Ich habe mal überlegt, was denn wäre, wenn alle Menschen, die sich in deren Job nicht wohl fühlen auf die Straße gehen würden? Die Firmen könnten alle zusperren. Es würde einen Crash geben.
Der Mensch ist doch das Kapital, der wahre Schatz und genau dieser wird oft ausgequetscht wie eine Zitrone.
Es wird echt Zeit aufzustehen.
Wir sind die Mächtigen, jeder einzelne. Aber ich persönlich mag die „Stimmung“ einer Demo so gar nicht. Mir wird dabei schlecht. Da baut sich so ein GEGEN Feld auf. Als ob die Probleme die Oberhand bekommen. Doch vielleicht bedarf es das, damit sich parallel dazu die FÜR Felder aufbauen? Die Lösungen.
Oder gibt es auch ein „anderes Aufstehen?“

Heute habe ich einen interessanten Auszug in Heini Staudingers Zeitung „brennstoff“ aus dem Buch „Der Tag an dem ich alles hinschmeisse“ von Wolfgang Lalouschek gelesen:
„Es gibt kein Problem das nicht durch Entwicklung gelöst werden kann.
Und solche Entwicklungen, die sich in Schritten vollziehen, in einem Wechselspiel zwischen äußeren und inneren Veränderungen, oft mit Ambivalenzen, Phasen mit rascher Veränderung und dann wieder Rückschritten, in einer Mischung aus Hoffnung und Sorge und hoffentlich mit Möglichkeiten der Reflexion des Nachspürens, erlebe ich bei meinen Patienten, bei mir selbst und den mir nächststehenden Menschen.
Denn Stabilität ist eine Illusion: Wenn wir uns nicht verändern, werden wir verändert. Wenn wir nicht gestalten, werden wir gestaltet, wenn wir nicht handlen, werden wir behandelt.“

Und gestern hörte ich ein Interwiev von Greta Silver. Sie ist 71 Jahre und voller Begeisterung fürs Leben. Sie sagt, die Zeit zwischen 60 – 90 sind genauso 30 Jahre wie die Zeit zwischen 30 – 60. Und dass es da nicht mehr um Aufbau, Karriere und Sich-beweisen usw. mehr geht, können wir uns entspannter wirklich auf das besinnen, worum es uns tatsächlich geht.
Ich habe mich erfrischend auf den Schlips getreten gefühlt, denn manch Verschlafensein von mir, habe ich schon auf mein Alter geschoben, obwohl ich erst 53 bin 😉 .

Es liegt wohl auch an uns Älteren, einen Schub weiter zu machen.
Ja, es knallt uns alles um die Ohren – wie du so treffend geschrieben hast.
Alles was ist, ist das Ergebnis unseres Tuns.
Lass es uns anders tun. Neu tun. Wie können wir unterstützen? Was wollen wir unterstützen?
„Was würde die Liebe tun oder sagen?“ frage ich mich oft wenn ich zweifle. Meist kommt dann irgendein Impuls.

Auch ich glaube an die Verbundenheit von uns allen, an ein miteinander-verwoben-sein. Und ich glaube zutiefst an ein geistiges inneres leuchtendes Zentrum des Gesamten, fern jeglicher Vorstellung. Und je mehr wir uns dahin besinnen, das was wir wirklich sind, desto mehr fallen diese Bosheiten, Neidereien, Gierigkeiten, Rollenspiele weg.
Nichts gehört irgendjemanden. Wir alle rasen großen Schrittes unserem Tod entgegen. Mit jedem Tag. Ab dem Tag der Geburt. Alle werden wir nackt gehen.
Mich tröstet, trägt und spornt dieser Gedanke oft an.

Ohja, die Raupe Nimmersatt.
Vermutlich ist das jetzt gerade dieser Imagoeffekt, der passiert.
Etwas stirbt, damit sich etwas Neues entwicklen kann.
Und dabei rumpelt es.

Halleluja.
Habe ich das alles wirklich unterschrieben? Wollte ich da live dabeisein?

Anscheinend ja.

Ok, dann will ich da sein. Dann will ich geben was geht.

Bis ich dann ein wunderschöner Schmetterling bin und vielleicht sogar fliegen kann, werde ich weiterhin viel in der Natur gehen. Heute war ich wieder viel draußen unterwegs. Es tut so gut. Es streift so viel ab und klärt. Es kitzelt meine Seele, lässt mehr hervorblicken, was hervorblitzen mag. Es reinigt mich und zugleich reinige ich dabei die Umgebung (indem ich den Müll zusammenklaube).

Nun ist es bald Mitternacht – und ich bin noch putzmunter. Das macht wohl das stundenlange Nichtessen. Darüber schreibe ich dir vielleicht ein andermal, wenn es länger so sein sollte und es weiterhin so positive Effekte hat.

Heute war ich mit einer Freundin am See. Eine so feine, eher ruhige Frau, die aber so viel Gutes sagt, wenn sie spricht. So wie du. Sie hat mir erzählt, wie gerne sie unsere Briefe liest. Das hat mich sehr gefreut. Sie liked aber nichts. Weil sie selbst dafür wohl zu ruhig ist.

Doch es hat mich inspiriert heute wieder zu schreiben, auch wenn wir oft nur wenige likes haben. Denn darum geht es ja nicht. Viel wichtiger ist, was wir aussenden und nähren, mit allem was wir tun.

Ich liebe uns.
Das.

Wann kommst du?

Ich umarme dich, liebste Freundin!
Deine Margarete

1 Kommentar

Johanna
1.02.2020 21:41

Vielen lieben Dank, für das Teilen eurer Schwesternbriefe, liebe Amadea und liebe Margarete! Ich lese sie so gerne und sie berühren mich immer wieder tief. So vieles erlebe und erfahre ich auch was ihr beschreibt... fühle mich mit euch verbunden auch wenn wir uns nicht kennen und einige km zwischen uns liegen. In Liebe Johanna

Was denkst du?