Margarete Hohner

26.11.2020 – auf dem Nachhauseweg

1.12.2020 17:50 keine Kommentare

26.11.2020 / 20:51 Uhr

 

Jetzt – in der Zeit der langen Dunkelheit – kommt viel ans Licht.

Da kann man viel sehen.

Und bei sich selbst nachspüren.

 

Manches davon tut weh.

 

Abends, wenn ich täglich zu Fuß nach Hause gehe, komme ich an einer großen Kanzlei dabei.

Die Büros sind jetzt beleuchtet und überall sehe ich – getrennt – ein Mensch nach dem anderen an einem Schreibtisch sitzen und jeder/r schaut in einen Bildschirm.

Vielleicht in der Meinung einen guten Job zu haben, während seine/ihre Seele erstickt.

 

Stundenlang in einem Rechteck sitzen und in ein Rechteck schauen, kann das unser Weg sein?

 

Wenn ich dann ein Stückchen weitergehe, komme ich bei einem Altenheim vorbei.

Die Menschen schauen da zwar (noch) in keinen Laptop und sitzen auch nicht getrennt, jedoch schauen sie leer in die Luft. Bekommen das Essen und Regeln serviert, ob sie wollen oder nicht.

 

Ich möchte hier keine Institution kritisieren.

Darum geht’s mir grad nicht.

 

Ich möchte an unsere wahre Sehnsucht erinnern.

 

Irgendwo zwischen Kanzlei und Altenheim ist diese wohl abhandengekommen.

 

Gerne würde ich jeweils einen der „Alten“ in jeweils ein Büro der Kanzlei bringen können und den Laptop zuknallen (so sehr ich ihn selber auch liebe) und jeden einfach reden und sich ansehen lassen. In die Augen. Sich gegenseitig lauschen.

 

Nicht Corona ist der Virus.

Lieblosigkeit und Geldgier ist der Virus.

 

Wir haben uns „fangen“ lassen.

 

Machtgeilheit – egal in welcher Form, ob für Schönheit, Reichsein oder Karriere – hat unser Innerstes so beschwert, dass wir taub und blind für unsere wahre Sehnsucht wurden.

 

Für eigenes Haus mit Zaun, Pool und Garten. Und um den Kindern etwas bieten zu können, wonach sie nie verlangten.

 

Noch nie ging es uns so gut.

Wir haben’s jedoch wohl versaut.

Jetzt haben wir die Maskerade.

 

Wenn ich dann weitergehe, sind da viele Bäume. Momentan ohne Blätter.

Am Boden raschelt das Laub der einst saftig grünen Blätter.

 

Und in mir brennt ein Wissen, dass an den Bäumen wieder neue Knospen austreiben werden, dass wieder neue Blüten im Sonnenlicht erblühen werden.

 

Dann komme ich nach Hause, zu mir selbst.

 

Atme, bete, bin in Stille und gebe mein best mögliches indem ich wieder und wieder an das Gute glaube, an die Liebe glaube, die Bäume höre, den Wind verstehe und aushalte, was da grad ist.

 

Mal Hell und auch viel Dunkel.

 

Doch immer gibt es Wendezeiten.

 

Es wird Zeit, unsere Seelen frei atmen zu lassen und der Sehnsucht freien Lauf zu lassen.

 

Niemand kann Geld atmen.

Und niemand wird nicht sterben.

 

Aber jeder Mensch kann lieben.

Und jeder Mensch möchte geliebt werden.

 

Morgen werde ich durch den Park gehen.

Vielleicht treffe ich jemand aus der Kanzlei oder vom Altenheim. Lächelnd unter freiem Himmel.

 

Die Nebel werden sich wieder lichten.

 

Lass uns der wahren Sehnsucht in unserem Herzen folgen.

 

 

Was denkst du?